Mentor-Projekt-Schule

Created: 2019-06-30 Updated: 2024-01-11 History Videos

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Die Mentor-Projekt-Schule beschreibt ein Schulkonzept, bei dem sich Lernende in Absprache und Konsultation mit Mentoren selbstständig Projekte suchen und bearbeiten, die erstens für sie und zweitens für die Gesellschaft relevante Kompetenzen vermitteln.

Mentor*innen - Wer hilft mir?

Mentoren sind Lehrerinnen und Lehrer, deren Arbeit darin besteht, den Fortschritt der einzelnen Projekte zu überprüfen und den Lernenden bei Fragen und Unklarheiten zur Seite zu stehen.

Individualmentoren sind Personen, die für den Werdegang der Lernenden zuständig sind. Sie beobachten, welche Projekte umgesetzt werden und beraten sie dabei, welche Projekte für den persönlichen Weg relevant sein könnten. Gleichzeitig sind sie eine konkrete Ansprechperson bei Problemen mit anderen Mentorinnen oder geben Empfehlungen für eine psychologische Beratung.

Projektmentoren sind Personen, die sich mit den Lernenden über ihre konkreten Projekte in einem bestimmten Bereich austauschen, sie dabei unterstützen und abschließend darüber urteilen, ob ein Projekt abgeschlossen wurde oder nicht. Sie halten Kolloquien für die jeweils ihnen zugewiesenen Lernenden. Sie sind dafür zuständig, dass Lernende ihre Projekte abschließen.

Projekte - Was sind meine Ziele?

Projekte sind Arbeiten, an deren Ende ein überprüfbares Produkt entsteht. Produkte sind vordergründig ein Werkzeug, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen.1 Dabei gibt es immer zwei Parteien, die mit dem Produkt zusammengehören: eine Partei, die das Produkt für etwas benutzen möchte und eine Partei, die das Produkt entwickelt. Bei der Mentor-Projekt-Schule sollen die Lernenden beiden Parteien angehören, während die Mentoren dazu geneigt sein sollen, der ersten Partei anzugehören, aber dies nicht müssen (da die Mentorin möglicherweise bereits ein Produkt verwendet, das sie zufriedenstellt). Projekte müssen mit Mentoren abgesprochen werden, um darüber zu beraten, ob die Rahmenbedingungen für ein Projekt eingehalten werden.

Im Zentrum steht (1.) eine eigenständige Arbeit, an deren Ende ein Produkt entsteht, das auf bestimmte Kompetenzen verweist und das präsentiert werden soll. Produkte können (2.) berührbar (zum Beispiel ein gebautes Radio) oder nicht berührbar (zum Beispiel grundlegende Vorstellungen über die Welt) sein. Wenn Produkte nicht berührbar sind, dann muss sich der Lernende damit beschäftigen, wie das Produkt anschaulich gemacht werden kann, um es anderen (auch sich selbst) in der Präsentation vorführen oder darstellen zu können. Das ist notwendig, damit eine weitere Auseinandersetzung mit dem Thema möglich bleibt und nicht für den Lernenenden im Nachhinein unzugänglich wird. Produkte sollen (3.) ebenfalls auf die Gesellschaft verweisen und deutlich machen, wie das Produkt etwas darstellt, was in der Gesellschaft wertgeschätzt werden kann. Das ist notwendig, um sicherzustellen, dass ein Produkt potenziell etwas hervorbringt, dass ein besseres Zusammenleben ermöglicht. Wenn diese Bedingungen erfüllt sind, sollte das Projekt zugelassen werden. Gruppenprojekte sind generell erlaubt und von den Projektmentoren zu unterstützen.

Projekte werden anhand eines zu entwickelnden Referenzrahmens in bestimmte grobe Kategorien eingeordnet, die dabei helfen sollen, eine Vergleichbarkeit und Suche nach bestimmten Fähigkeiten zu vereinfachen. Dabei ist es notwendig, dass die Kategorien so gefasst werden, dass sie nicht zu eng einen bestimmten Pfad vorgeben, da sonst die individuelle Entwicklung gestört werden kann, wenn eine Person nach mehreren Jahren feststellt, dass ihre Projekte nur in einem Berufszweig Anwendung finden, aber die Schülerin bemerkt, dass sie für diesen Beruf doch nicht geeignet ist.

Projekte können in mehrere Kategorien eingeordnet werden, müssen aber eine oder maximal zwei Hauptkategorien besitzen. Diese Hauptkategorien bestimmen den Fokus des Projektes. Dies ist ein Schritt, um Spezialisierung zu fördern. Bei gleichwertigen Kategorien bestünde die Möglichkeit, dass eine Person möglichst viele Kategorien benutzt, um den Anschein zu erwecken, dass sie für jegliche Berufsgruppe infrage kommt. Dies soll durch Hauptkategorien unterbunden werden. Unterkategorien dienen also vordergründig dazu, eine nähere Fähigkeitensuche zu ermöglichen, nicht aber um eine Voraussetzung für bestimmte Berufsfelder zu erfüllen.

Der Referenzrahmen könnte zum Beispiel folgende Kategorien umfassen, muss allerdings unbedingt konkreter ausgearbeitet werden:

Ein weiterer wesentlicher Aspekt von Projekten besteht darin, dass sie darauf ausgerichtet sind, für eine Weiterarbeit archiviert zu werden. Es muss ein System geschaffen werden, dass die Projekte jederzeit für den Bearbeitenden zugänglich macht. Ein Basis-Projekt könnte auch darin bestehen, dass die Lernenden sich damit auseinandersetzen, wie sie ihre Projekte zugänglich halten und archivieren. Eine Archivierung ermöglicht es, jederzeit auch nach Jahren wieder auf ein Projekt zuzugreifen und die Arbeit daran fortzusetzen. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, seine eigene Arbeit anderen zur Verfügung zu stellen und damit den Lernprozess offener zu gestalten. Gleichzeitig ermöglichen digitale Archivierungen einen Austausch und eine Kommentierung der Projekte. Es muss den Lernenden gleichzeitig ermöglicht werden, ihre Projekte aus dem System zu exportieren und an anderer Stelle für sich selbst weiter zu bearbeiten. Git wäre eine mögliche Lösung für die Archivierung.

Wenn Projekte von Projektmentoren als nicht erfolgreich beurteilt werden, muss die Projektmentorin konkrete Schritte aufzeigen, wie das Projekt erfolgreich fertiggestellt werden kann. Wenn der Schüler diese Schritte umsetzt und weiterhin das Projekt als nicht erfolgreich gilt, kann das Projekt einmal die Mentorin wechseln. Die Schülerin muss ihre Projekte nicht sofort erneut bearbeiten, sondern kann sich zunächst anderen Projekten widmen und zu einem späteren Zeitpunkt zum nicht erfolgreichen Projekt zurückkehren.

Menschenbild - Wie soll man miteinander umgehen?

Kinder werden als unvollständige Erwachsene betrachtet, die eine eingeschränkte Erfahrung besitzen und die aufgrund dieser dazu tendieren, Fehler zu begehen. Grundsätzlich soll mit dieser Einschätzung verhindert werden, dass der Kindstatus von Erwachsenen missbraucht wird, um das eigene unangebrachte Verhalten und Misshandlungen zu entschuldigen. Die Kindheit und der damit einhergehende eigenständige Status ist davon unberührt.

Erwachsene müssen Kinder als eigenständige Menschen begreifen, die nicht ohne Weiteres als Mittel zur Umsetzung einer Zielstellung benutzt werden dürfen.

Kindern wird über die Zeit hinweg immer mehr Verantwortung übertragen, sodass sie ein Verständnis für gesellschaftliche Teilhabe entwickeln können. Verantwortung besteht in der Schule vor allem darin, die Planung und Umsetzung des Schullebens mitzugestalten. Das Schulleben umfasst unter anderem unvollständig Arbeits-, Spiel- und Sportgemeinschaften, künstlerische und sportliche Veranstaltungen, Vorführungen und Veröffentlichungen von kreativen Projekten.

Kolloquien - Wie findet ein Austausch in der Schule statt?

Kolloquien sind die wesentliche Form des Austausches. Bei einem Kolloquium setzen sich die Schüler mit den Projekten ihrer Mitschüler auseinander und stellen Fragen dazu. Die Schulzeit wird radikal darauf eingekürzt, sich in der Gruppe über das Vorankommen der verschiedenen Projekte auszutauschen. Darüber hinaus ist die Schule ein freier Raum, der die Arbeit an den Projekten ermöglicht, aber auch für die gemeinsame Sozialisation beim Sport oder bei öffentlichen Veranstaltungen genutzt werden kann.

Wenn Lernende mindestens drei Mal unentschuldigt nicht an den Kolloquien teilnehmen, müssen sie zu einem Gespräch mit ihrem Individualmentor und ihren Erziehungsberechtigten. Dort wird ihnen die Möglichkeit eingeräumt, sich zu erklären. Der Individualmentor gibt beim ersten Treffen eine Empfehlung für das weitere Vorgehen. Wenn die Erziehungsberechtigten und die Schülerin oder der Schüler nicht zum Gespräch erscheinen, wird der Fall an die Schulleitung weitergegeben. Nach einem erfolgreichen Gespräch und nach erneutem Nichterscheinen in den Kolloquien, kann der Individualmentor den Fall ebenfalls an die Schulleitung weitergeben, die sich wiederum um eine Klärung der Situation bemüht, bei der die verschiedenen Bedürfnisse der Parteien beachtet werden. Falls auch mit der Schulleitung sich nichts an der Situation verändert, kann eine Versetzung in eine andere Schule beantragt werden oder wenn ein Maximalalter überschritten ist, die Person von der Schule ohne Abschluss abgehen.

Schulhaus - Wo lerne ich?

Schulen müssen so umstrukturiert werden, dass sich Schüler dort ausruhen können und nur arbeiten, wenn sie ein Projekt umsetzen. Dies soll dazu beitragen, die Schule als angenehmen Ort zu etablieren, der mehr für die eigene Bildung gedacht ist, anstatt vordergründig zur Erziehung zu bestimmten gesellschaftlichen Verhältnissen. Schulen erhalten damit einen Status von Jugendzentren, in denen sich Lernende auch unabhängig von schulischen Treffen aufhalten können.

Mentorinnen und Mentoren sind jedoch dazu angehalten, Gespräche mit Lernenden ohne Interesse an irgendwelchen Projekten zu führen, um Probleme zu entdecken und darauf zu reagieren. In diesen Fällen sind Sport und Spiele als Eingangsinteressen anzuerkennen und gegebenfalls in mögliche Projekte einzubeziehen. In diesen Situationen wäre die Einführung eines Mentors oder einer Mentorin sinnvoll, der sich besonders mit denjenigen beschäftigt, die aus welchen Gründen auch immer fast nie oder nie ein Interesse entwickeln, eigene Projekte umzusetzen. Diese Person ist dafür verantwortlich, sich mit Lernenden ohne Projekt zu beschäftigen, wobei die Lernenden dazu aufgefordert werden, an den entsprechenden Veranstaltungen und Lernsituationen teilzunehmen. Dies soll dazu führen, dass Personen dazu gebracht werden, sich mit ihren eigenen Interessen auseinanderzusetzen und einen Weg zu finden, sich in der Gesellschaft zu beteiligen.

Die Schule muss Tätigkeiten finden, die für die Lernenden reizvoll sind und aus denen sie auswählen können, um für Projekte inspiriert zu werden. Die Schule muss für die unterschiedlichen Institutionen und Elemente einer Gesellschaft werben, um eine Entscheidung der Lernenden zu unterstützen. Dabei ist es möglich, je nach gesellschaftlicher Situation, bestimmte Bereiche besonders zu bewerben, um damit zukünftigen Arbeitsmarktsituationen gerecht zu werden.

Nur weil die Schule keinen regulären Unterricht besitzt, bedeutet das nicht, dass es keine generellen Regeln für das Verhalten im Gebäude gibt. Wer das Gebäude nutzen möchte, muss Verantwortung für die entsprechenden Arbeits- und Ruheorte übernehmen. Das beinhaltet, dass die Plätze aufgeräumt werden, wenn man weggeht, und dass man sich so verhalten muss, dass niemand von den eigenen Handlungen gestört wird. Wer die Angebote der Schule ausnutzt, indem er sich nicht an die Verwendungsregeln hält, muss damit rechnen, nur noch begrenzten Zugang zu erhalten.

Eltern muss es ermöglicht werden, ihre minderjährigen Kinder in der Schule abzugeben, sodass sich um sie gekümmert wird. Mentorinnen und Mentoren sind dafür da, auf die Bedürfnisse der Schüler einzugehen und ihnen dabei zu helfen, eigenständige Projekte zu entwickeln und zum Abschluss zu bringen. Wenn eine Schülerin unzufrieden mit ihrer Mentorin ist, soll sie diese ohne Probleme wechseln können.

Schulzeit - Wie lange bin ich in der Schule?

Schule ist auf eine Dauer von mindestens 10 Jahren ausgerichtet. Innerhalb dieser Jahre sollten die Projekte, die man erarbeitet, einen Ausblick darauf geben, welche Ausbildungen für einen selbst relevant werden. Nach den 10 Jahren gibt es die Möglichkeit, eine Ausbildung anzufangen oder weitere 2 Jahre in der Schule in die Vorbereitung auf eine Ausbildung zu investieren. Am Ende der Schulzeit muss eine Mindestanzahl von Projekten nachgewiesen werden, um einen Abschluss zu erreichen. Wenn die Mindestanzahl nach der Maximalzeit von 12 Jahren nicht erreicht wurde, geht die Schülerin oder der Schüler ohne Schulabschluss ab. Ein Schulabschluss ist lediglich ein Leistungsnachweis für Ausbildungen und staatliche Institutionen, jedoch keine absolute Zulassungsbeschränkung, die es verhindert, dass eine weitere Ausbildung oder Studium aufgenommen werden kann. Ein Schulabschluss kann durch den Nachweis von zusätzlichen Projekten nachgeholt werden.

Für ein Studium kann man besondere Kompetenzen erwerben, die für das Studium nützlich sind. Dazu erfüllt man gesonderte Projekte, deren Produkte wissenschaftliche Arbeiten sind. Nach meinen Vorstellungen sollte ein Studium ein ähnliches Mentor-Projekt-System einführen, um damit den Lernstand und den Fortschritt besser bewerten zu können. Dahingehend gibt es in diesem System auch keine Zulassungsbeschränkungen mehr, sondern Produktbewertungen, die den Ansprüchen an bestimmte Kompetenzen erfüllen oder nicht.

Mögliche Umsetzungen

Reggio-Pädagogik

Beispiel: Enigma-Missionen in der Woorana Park Primary School

Anmerkungen

  1. Raemon 2019 ↩︎

Literatur