Computerspiele
Status: | unfinished |
Confidence: | Ich habe zwar sehr viel gelesen, aber meine konkreten Vorstellungen noch nicht genau ausformuliert. |
Connections: |
Diese Seite soll mir dabei helfen, Gedanken zu Computerspielen sowie Computerspieltheorien zu sammeln und zu ordnen. Meine Arbeit konzentriert sich in diesem Zusammenhang darauf, Computerspiele als AusdrucksmediumAusdrucksform besser zu verstehen. Dabei sind für mich besonders die erzählerischen und textologischen Eigenheiten des Computerspiels von Bedeutung.
Als Einführung in meine Forschungsarbeit empfehle ich die Arbeit Erzählerische Mittel in Davey Wredens "The Beginner's Guide".
Eine Übersicht meiner Spielempfehlungen mit kurzen Begründungen befindet sich auf meiner generellen Empfehlungsseite.
Gliederung
- Unterseiten
- Ziele
- Konzepte
- Computerspiel-Medium
- Textualität des Computerspiels
- Computerspiele als digitale, intendiert interaktive, auf eine konkrete Rezeption orientierte Welten
- Computerspielmechaniken als erzählerische Mittel
- Spielbarkeit
- Genre und Popularität als Beschreibungsfaktoren der kurzfristigen und längerfristigen Konsistenz von Computerspielmechaniken
- Computerspielwissenschaften
- Theorien des Spielens (play theories)
- Computerspieltheorien (video game theories)
- The Magic Circle
- Immersion
- Flow
- Game Feel
- Ergodische Literatur
- Motivation
- Gamification
- Digital Game-based Learning
- Weitere Forschung
- Offene Probleme
- Interessante Grenzfälle
- Interessante Geschichten
- Digitale Rhetorik
- Computerspieldesign
Unterseiten
- Lektüre: Computerspiele: Diese Seite umfasst Quellen- und Referenzmaterial für die einführende Auseinandersetzung mit Computerspielen.
- Computerspiele und Politik: In diesem Bereich setze ich mich stärker damit auseinander, wie Machtverhältnisse in Spielen dargestellt werden und wie ein Spiel die Beziehungen und Verhältnisse in unserer Welt beeinflussen kann.
- Computerspiele und Bildung: Auf dieser Seite beschäftige ich mich mit der Frage, wie die aus Computerspielen gewonnenen Erfahrungen dazu beitragen können, ein besseres Lernen zu ermöglichen und wie Computerspiele selbst das Lernen unterstützen können.
- Mechaniken: Diese Seite bespricht spannende und innovative Mechaniken, die dabei helfen können, interessante Spiele zu gestalten.
Ziele
Die Ziele dieser Seite beschreiben, was ich mir vorgenommen habe und aus welchem Grund ich daran arbeite.
Leser dieser Seite verstehen, dass ...
- ein Computerspiel ein eigenständiges Medium mit einer eigenen künstlerischen Sprache ist.
- ein Computerspiel eine vollständige Welt mit eigenen aber von unserer Welt abhängigen Gesetzmäßigkeiten ist. Computerspiele können nur Sachen zeigen, die innerhalb unserer Welt erdacht worden sind.
- Computerspiele Mechaniken besitzen, die konkrete programmierte Umsetzungen von Regeln darstellen. Menschen können aus den Mechaniken wiederum mögliche Regeln ableiten.
- das Computerspiel-Medium expressiv ist und dementsprechend Botschaften implizit oder explizit vermittelt. In dieser Hinsicht kann ein Computerspiel mit verschiedenen Methoden anderer Ausdrucksmedien analysiert werden.
- ein Computerspiel das Produkt eines künstlerischen Entwicklungsprozesses ist. Es besitzt zu unterschiedlichen Zeiten unterschiedliche Formen. Ein Patch verändert immer die Welt des Spiels.
- Computerspiele dabei helfen, Handlungen im Allgemeinen und Konkreten besser zu verstehen, da sie Regelsysteme implementieren, in denen Menschen Handlungen austesten können.
Das erste Ziel habe ich gesetzt, weil ich es für problematisch halte, Computerspiele als Narrativ oder Spiel zu beschreiben, da die Qualitäten von Computerspielen bestimmten Perspektiven untergeordnet werden, anstatt ihre Eigenständigkeit zu beschreiben und zu verdeutlichen. Narrative und analoge Spiele sind jedoch gute Startpunkte, um ein besseres Verständnis zu erlangen, was Computerspiele sein können.
Das zweite Ziel verdeutlicht meine Auffassung, dass Computerspiele als eigenständige Welt betrachtet werden, um damit den Fokus auf die Möglichkeiten in dieser Welt zu legen und zu vergleichen, was im Hinblick auf unsere Welt möglich oder unmöglich ist. Würde ich Computerspiele nicht als eine eigenständige Welt ansehen, wäre es schwieriger, sie von analogen Spielen zu unterscheiden.
Damit hängt auch das dritte Ziel zusammen, das den Fokus darauf setzt, eine Unterscheidung von Mechaniken und Regeln zu etablieren, die verdeutlichen soll, dass Regeln immer etwas Interpretiertes sind, während die Mechaniken ein über Code definierter Bestandteil eines Computerspiels sind. Mechaniken interpretieren ebenfalls Regeln für Computerspiele und bestimmen darüber, was die Welt eines Computerspiels auszeichnet.
Das vierte Ziel habe ich gesetzt, um Computerspiele als Medium und darüber hinaus auch als expressives Medium zu beschreiben, das dazu genutzt werden kann, eigene Botschaften implizit oder explizit zu vermitteln. Ein Computerspiel kann dementsprechend auf solche Merkmale hin überprüft werden.
Das fünfte Ziel stellt den für Computerspiele eigenen Entwicklungsprozess in den Vordergrund und weist auf die verschiedenen Stadien eines Computerspiels hin, die das abschließende Produkt maßgeblich mitbeeinflussen.
Das sechste Ziel soll darauf aufmerksam machen, dass Computerspiele es ermöglichen, konkrete Handlungen innerhalb einer darauf reagierenden Welt zu überprüfen und damit das Spielen von Computerspielen eine eigene Qualität entwickelt, die kein anderes Medium besitzt.
Konzepte
Dieser Bereich bespricht Konzepte, die mein eigenes Denken über Computerspiele stark prägen und deshalb für meine Forschung über Computerspiele relevant sind.
Computerspiel-Medium
Als Medium bezeichnet man das Konzept, dass ein Verbindungselement in einer Kommunikation notwendig ist, um Informationen übertragen zu können. Davon abgeleitet bezeichnet man eine Sache, die eine Information vermittelt, als ein Medium. Die Beschreibung als ein Medium ist dementsprechend davon abhängig, dessen Kommunikationsfunktionen näher zu bestimmen.
Computerspiele können als ein Ausdrucksmedium verstanden werden. Das bedeutet, dass sie dazu genutzt werden, eigene Vorstellungen und Gefühle zu verarbeiten. Dieser Aspekt beinhaltet die Rezeptionsorientierung von Computerspielen und damit deren Kunstcharakter. Etwas ist subjektiv Kunst, wenn es durch eine Person als etwas Besonderes anerkannt wird. Jede Ausdrucksform besitzt eine Vermittlung, die anderen auch zur Verfügung steht, aber nicht mit der Verarbeitung der einzelnen Person übereinstimmen muss. Dementsprechend gibt es für andere zugängliche und nicht zugängliche Aspekte des Ausdrucks.
Neben einer Unterteilung der Zugänglichkeit des Ausdrucks gibt es auch eine Unterscheidung der Explizitheit, die sich darauf bezieht, wie sehr eine bestimmte Botschaft durch rhetorische Mittel für eine Spielerin zugänglich gemacht wird. Je expliziter eine Information vermittelt wird, desto offensichtlicher ist sie.
Darüber hinaus lassen sich Computerspiele als Unterhaltungsmedium betrachten. Sie werden also von Menschen genutzt, um sich positiv anzuregen, sich zu entspannen und ihre Freizeit zu bereichern. Dabei wird der Kommunikationsprozess selbst genutzt, um den gewünschten Zustand zu erzeugen.
Computerspiele sind aber auch ein Sozialisationsmedium, da sie durch ihr Design vorgeben, wie ein durch das Computerspiel vorgegebenes Verhalten bewertet werden kann.
Ein einzelnes Computerspiel kann als Medienprodukt bezeichnet werden. Produkte sind vordergründig ein Werkzeug, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen.
Ich weiß nicht, ob diese Einteilung ausreichend oder vollständig ist.
Textualität des Computerspiels
Ein Zeichen ist ein bewusst gewordener Unterschied, der mit großer Wahrscheinlichkeit auf etwas anderes verweist. Ich kann nicht wissen, ob immer ein Feuer vorhanden ist, wenn ich zum Beispiel Rauch sehe, aber es ist sehr häufig vorhanden, sodass Rauch mit großer Wahrscheinlichkeit auf Feuer verweist.
Eine Sprache ist eine Gruppe von miteinander verbundenen Zeichen, die zum Austausch von Informationen genutzt wird.
Ein Text ist eine konkrete Anordnung solcher Zeichen.
Daraus folgt, dass ein Text 1. aus Zeichen besteht, die in ihren verschiedenen Beziehungen analysiert werden können, 2. zur Kommunikation genutzt wird, 3. von anderen Texten abgegrenzt ist, die andere Anordnungen besitzen, 4. von anderen Organisationsformen abgegrenzt ist, die keine Zeichen benutzen.1
Literatur ist die subjektive und intersubjektive Kennzeichnung eines Textes als künstlerisch, als besonders oder relevant für den Betrachter.
Ein Computerspiel kann als textual oder literarisch bezeichnet werden, weil es 1. aus Zeichen besteht, 2. zur Kommunikation genutzt wird, 3. von anderen Computerspielen durch eine andere Anordnung von Mechaniken unterschieden werden kann, 4. von anderen Kommunikationsformen, die keine Zeichen (zum Beispiel Transmitter-Kommunikation im Körper) verwenden, unterschieden werden kann, 5. als besonders und relevant für einen Betrachter und damit als künstlerisch bewertet werden kann.
Neben dieser durch Eigenschaften bestimmten Textdefinition soll auch die Veränderung des Textbegriffs in diesen Überlegungen mitbedacht werden. Dazu berufe ich mich auf den Begriff der Textualität innerhalb einer textologischen Herangehensweise.
Das Konzept der Textualität fragt danach, welche Eigenschaften, Funktionen oder Prozesse einen Text zu einem Text machen.
Die Textologie geht davon aus, dass jeder Text eine eigene Textualität besitzt und diese über eine Analyse anerkannt und herausgearbeitet werden sollte.2
Das bedeutet, dass die Frage, was einen Text zu einem Text macht, immer wieder neu verhandelt wird, wenn am konkreten Text gearbeitet wird. Darüber hinaus geht die Textologie davon aus, dass der jeweils herausgearbeitete Textbegriff, die Interpretation mitbestimmt.3
Die Textologie schaut unter anderem auf die materiale-mediale Verfasstheit: Wie wurde das Computerspiel entwickelt, was sind die Vorassetzungen, die es eingeschränkt haben?4
Sie übt Editionskritik oder bei Computerspielen Versionskritik.5
Die Textologie versucht, einen Text nicht auf das Verständnis des Themas, des Autors, des Genres, etc. zu verkürzen, sondern es in seiner konkreten Form in seiner Bedeutung zu verstehen.
Die Textologie versucht damit die Mehrdeutigkeit und Komplexität eines Textes hervorzuheben.6
Anhand der Art der Verfasstheit eines Textes können deshalb Aspekte des Dargestellten sichtbar werden, die wiederum dabei helfen, herauszufinden, was einen bestimmten Text auszeichnet und welche Funktion er übernimmt.
Computerspiele als digitale, intendiert interaktive, auf eine konkrete Rezeption orientierte Welten
Computerspiele besitzen eine Reihe von unterschiedlichen Erwartungen. So kann man als Computerspiel so etwas wie Tetris, FIFA, Need for Speed, Fortnite, DOTA 2, Bejeweled oder so etwas wie Uncharted bezeichnen. All diese Spiele verlangen von der Spielerin verschieden ausgeprägte Fähigkeiten und es erscheint schwierig, bei so unterschiedlichen Erfahrungen Gemeinsamkeiten zu beschreiben.
Wenn aber die Erfahrungen so unterschiedlich sind, ist es überhaupt sinnvoll, Gemeinsamkeiten zu suchen und was erhofft man sich davon?
Wie in den bereits vorangegangenen Kapiteln beschrieben, hilft eine Anerkenung einer spezifischen Methodik dabei, die Aspekte in den Vordergrund zu stellen, die für eine Forscherin relevant sind. Wenn ich eine Ausdrucksform als Massenmedium oder als Text bezeichne, dann folgt daraus eine bestimmte Erwartung in Bezug auf die gesellschaftliche Funktion, die in den Vordergrund gestellt werden kann.
Für mich ist es darüber hinaus wichtig zu klären, was die einzelnen Medien voneinander abgrenzt, damit es überhaupt Aspekte gibt, die sich an den einzelnen Werken überprüfen lassen. Wenn wir ein Werk analysieren wollen, dann benutzen wir je nach Medium unterschiedliche Analysewerkzeuge – zum Beispiel für Filme so etwas wie Perspektive oder Kamerabewegungen. Dementsprechend hängt die Frage, welche Werkzeuge wir benutzen, davon ab, welchem Medium wir das Werk zuordnen. Wenn wir aber keine Abgrenzungsmöglichkeiten für unsere Medien besitzen würden, dann müsste es uns dementsprechend schwerer fallen, die richtigen Werkzeuge für unsere Analyse auszuwählen.
Die Definition von Computerspielen erscheint damit immer auch als der Versuch, eine bestimmte Analysevariante vorzustellen und zu ermöglichen.
Aus diesem Grund scheint eine Bestimmung möglicher genereller Eigenschaften von Computerspielen hilfreich, um eine Erfahrung wie Tetris mit einer Erfahrung wie Uncharted vergleichen zu können.
Computerspiele unterscheiden sich von anderen Medien hauptsächlich durch ihre Interaktivität. Durch den Einfluss einer Spielerin wird die Welt des Computerspiels und damit dessen Inhalt verändert. Doch was unterscheidet Computerspiele nun von anderen digitalen Anwendungen, die ebenfalls über Eingaben gesteuert und verändert werden können – wie zum Beispiel Büroanwendungen? Oder von anderen Medien, die über nicht-klar-interaktive Eingaben gesteuert werden – wie zum Beispiel beim Umblättern von Buchseiten in Büchern?
Zunächst die digitalen Anwendungen: Ich gehe davon aus, dass sich Computerspiele von Büroanwendungen (wie Tabellenkalkulationen oder Textverarbeitungen) unterscheiden, indem sie sich auf die rezeptive Komponente ihres Inhalts konzentrieren. Sie sind rezeptionsorientiert. Während Büroanwendungen dazu genutzt werden, am Ende der Tätigkeit ein digitales Produkt zu erstellen (produktionsorientiert), das in irgendeiner Weise weiterverwendet wird, setzen Computerspiele vor allem auf die Erfahrung von Gefühlen und Situationen.
Zwar gibt es auch Computerspiele, in denen es möglich ist, Produkte zu erstellen. Diese sind aber im Kontext der Definition als Computerspiel nicht so wichtig wie die Erfahrung von Gefühlen und bestimmten Situationen. Ein Computerspiel mit eingebautem Leveleditor (wie zum Beispiel Little Big Planet) ist für mich demnach eher eine Verbindung, die aus einem rezeptiven Teil (dem eigentlichen Computerspiel) und einem produktiven Teil (dem Leveleditor) besteht. Der Leveleditor wird in diesem Zusammenhang zu einer Erfahrung des Kreativseins und damit zu einem konkreten Aspekt des Computerspiels.
Jede digitale Anwendung, die ihren Fokus auf die Erfahrung von Gefühlen und Situationen setzt, wird damit zu einem Computerspiel. Natürlich verhindert das nicht, dass man Spiele mit Leveleditoren auch als Büroanwendungen betrachten und dementsprechend analysieren kann; es kommt jedoch immer darauf an, welche Gründe man dafür anführt.
Als Gegenargument könnte nun jedoch angeführt werden, dass eine Erfahrung als Produkt betrachtet werden kann, das in den Gedanken der Menschen weiterverwendet wird, wie zum Beispiel beim Lernen. Meiner Unterscheidung geht es jedoch bei Produkten um abgeschlossene Informationen, die entweder in digitaler Form oder in der realen Welt für konkrete bedürfniserfüllende Ziele weiterverwendet werden. Erfahrungen können innerhalb dieser Unterscheidung keine Produkte sein, weil sie keine intersubjektiv zugängliche Form innerhalb unserer Welt besitzen.
Umgekehrt bin ich mir ebenfalls darüber bewusst, dass die Erstellung eines Produktes immer auch eine Erfahrung einer Situation darstellt. Allerdings ist offensichtlich nicht jede Erfahrung einer Situation die Erstellung eines Produktes. Wenn also in einem digitalen Werk die Erstellung eines Produktes höher wiegt, als die Erfahrung der Erstellung eines Produktes – unabhängig davon, wie man zu dieser Einschätzung gelangt -, dann handelt es sich für mich eher um eine Büroanwendung als ein Computerspiel.
Das Spektrum zwischen rezeptiven und produktiven digitalen Anwendungen ist demnach nicht perfekt, da jede produktive Anwendung auch rezeptiv betrachtet werden kann, nicht jedoch jede rezeptive Anwendung als produktive in der von mir genutzten Definition von Produkt. Dennoch halte ich diese Aufteilung für sinnvoll, da sie das Ziel der einzelnen Anwendungen hervorhebt und meiner Ansicht nach eine klarere Aufteilung ermöglicht.
Nun jedoch zu den nicht-klar-interaktiven Medien: Bei Musik, Filmen, Büchern, etc. besteht ebenfalls eine Schwierigkeit, sie von Computerspielen zu unterscheiden. Das hat damit zu tun, dass ein Mensch direkt als Konsument auftreten muss und sich daraus eine Folge ableitet. Wenn ich ein Buch lese, dann muss ich eine Seite umblättern. Wenn ich Musik höre, dann muss ich anwesend bleiben. Diese Voraussetzungen können als Interaktion gewertet werden, weil sie die Erfahrung als solche verändern. Das führt jedoch dazu, dass sich diese Medien mit den Eigenheiten eines Computerspiels überschneiden.
Auch die am Anfang besprochene Einzigartigkeit von Computerspielen durch Entscheidungen unterschiedliche Wege gehen zu können, könnte deshalb entkräftet werden, da wir bei nicht-klar-interaktiven Medien über Pausen bestimmen können, wie ein Inhalt auf uns wirkt. Wir können bestimmen, welchen Teil wir überhaupt wahrnehmen und welchen Teil wir vielleicht über eine Fernbedienung oder über unseren Leserhythmus pausieren wollen. Das führt zu unterschiedlichen Wahrnehmungen desselben Mediums und damit zu verschiedenen Erfahrungen.
Hier würde ich jedoch ansetzen, um die Unterscheidung klarer herauszuarbeiten. Da sich das Rohmaterial nicht durch die konkreten Entscheidungen verändern kann, gehe ich davon aus, dass es sich deshalb nicht um rein-interaktive, sondern nur um pausierbare Medien handelt. Es werden zum Beispiel keine neuen Wörter oder FIlmszenen produziert, wenn wir eine Pause einlegen. Aus diesem Grund unterscheide ich Konsumvoraussetzungen in pausierbaren Medien von Interaktionen in Computerspielen.
Allerdings schließt diese Erkenntnis nicht aus, dass auch Bücher interaktive Aspekte besitzen können. Dadurch werden sie meiner Ansicht nach allerdings bereits zu einem Grenzfall zwischen Buch und nicht-digitaler Anwendung – ein Beispiel dafür wäre ein Buch mit Entscheidungsmöglichkeiten für den Leser, zu verschiedenen Seiten zu springen.
Insgesamt lassen sich Computerspiele damit von anderen Medien durch folgende drei Kriterien abgrenzen:
- Digitalität: Ein Computerspiel benötigt einen Computer – das heißt: einen Prozessor und eine Möglichkeit der Darstellung von Informationen. Digitalität bedeutet ganz konkret, dass Informationen zeitdiskret und wertediskret gespeichert und verändert werden können. Diskretheit bedeutet, dass sich Informationen klar voneinander abgrenzen lassen. Das ist allerdings lediglich eine abstraktere Art von einem Computer zu sprechen. Wenn nur dieses Kriterium nicht gegeben ist, kann es sich auch um ein Spiel in der realen Welt handeln. Dadurch dass ein Computerspiel digital ist, wird es an die Repräsentationen und Programmierungen eines Computers gebunden, sodass eine eigenständige fiktionale Welt entsteht.
- Interaktivität: Ein Computerspiel ist interaktiv – das heißt: Der Inhalt des Computerspiels verändert sich durch die Eingaben des Konsumenten. Wenn nur dieses Kriterium nicht gegeben ist, kann es sich auch um ein nicht-rein-interaktives oder eher pausierbares Medium handeln: Musik, Buch, Film.
- Rezeptionsorientierung: Ein Computerspiel konzentriert sich eher auf die Erfahrung von Gefühlen und Situationen, anstatt auf die Erstellung von Produkten – das heißt, wenn die Erfahrung von Gefühlen und Situationen im Vordergrund des Inhalts steht, dann handelt es sich eher um ein Computerspiel. Weiterhin muss der Inhalt in irgendeiner Weise vom Ersteller begrenzt werden, da nur so gewisse intendierte Erfahrungen von nicht intendierten Erfahrungen abgegrenzt werden können. Wenn dieses Kriterium nicht gegeben ist, dann kann es sich auch entweder um eine Produktion von digitalen Informationen über Büroanwendungen oder um eine produktive Erfahrung wie das Lernen auf Webseiten oder das eigene Erstellen eines Computerspiels handeln. Oder aber bei einer Unbegrenztheit (wie bei Webbrowsern) handelt es sich überhaupt nicht um ein künstlerisches Medium, da keine konkrete Kommunikation stattfindet, sondern diese lediglich ermöglicht wird.
Computerspielmechaniken als erzählerische Mittel
- Beispiel für eine koloniale Erzählung innerhalb von Aufbaustrategiespielen: https://youtu.be/d6i5Ylu0mgM
- Beispiel für eine Erzählung, die das Jagen und Gejagtwerden mit Spielmechaniken thematisiert werden: https://www.youtube.com/watch?v=x-Un2L5tF1w
- World of Warcraft, What was left behind: https://www.youtube.com/watch?v=0RxQRswLAmI
- Mehr Sachen hinzufügen, die einem Möglichkeiten, aber auch eine Richtung vorgeben, kann ein Spiel einschränken, weil es das eigene Freiheitsempfinden verringert, 36:00
- Grinding als selbstbestimmtes Spielen, 35:00
Spielbarkeit
- Spielspaß als wesentlicher Aspekt, der ein Spiel unterhaltsam macht und den Spieler dazu bringt, es weiter zu spielen
- Spielspaß ist als Begriff nicht auf Situationen anwendbar, bei denen andere Emotionen im Vordergrund stehen
- Spannung ist als Begriff gebräuchlich und kann verwendet werden, um etwas Mitreißendes zu beschreiben
- Spielbarkeit (allgemeiner Rezipierbarkeit, Anschaubarkeit) in Anlehnung an den Spielspaß meint das generelle Gefühl, auf das ein Spiel abzielt, um die Aufmerksamkeit der Spieler zu erhalten
- Spielbarkeit ist reduzierbar auf die Möglichkeit, ein Spiel überhaupt zu spielen, zielt aber eher auf die Wahrnehmung des Wesentlichen: ist das Wesentliche eines Spiels zugänglich gestaltet?
Genre und Popularität als Beschreibungsfaktoren der kurzfristigen und längerfristigen Konsistenz von Computerspielmechaniken
(Notizen)
https://www.youtube.com/watch?v=tMVl5U3SlS0
Ein Genre ist die Einteilung verschiedener Medienprodukte in Gruppen mit ähnlichen Eigenschaften.
Mit Genres können Computerspiele durch eine Zuschreibung zu einer Kategorie gewisse Erwartungen erfüllen, auf die sich ein Spieler einlassen kann.
Genres sollen vordergründig die Auswahl einer bestimmten Erfahrungsart erleichtern.
"The challenge is to keep convention but avoid cliché." - https://www.youtube.com/watch?v=kR2pLUHBgGM
Computerspielwissenschaften
Die Beschäftigung mit Computerspielen wird häufig aus den Perspektiven der Narratologie (Erzählwissenschaft) oder der Ludologie (Spielwissenschaft) unternommen, da Computerspiele häufig Teile enthalten, die diesen beiden Bereichen besonders gerecht werden. Ein Spiel wie "The Last of Us" ist ein klassischer Vertreter einer durch ein Computerspiel erzählten Geschichte, während "Solitaire" mit seinen Mechaniken ganz klar eine Umsetzung des analogen Kartenspiels darstellt. Aus diesem Grund ist die Auseinandersetzung mit beiden Bereichen sehr nützlich, um für sich selbst ein Verständnis für die verschiedenen Herangehensweisen an Computerspiele zu schaffen.
Ich denke jedoch, dass das Wort Computerspielwissenschaften (computer game sciences) besser zur Beschreibung des Fachbereichs passt, da es sich bei Computerspielen weder allein um Spiele noch allein um Erzählungen handelt. Für mich sind Computerspiele ein vollständig neues Medium, das seine eigenen Methoden und Herangehensweisen benötigt, nicht nur damit diese Qualitäten verdeutlicht, sondern auch damit Spiele insgesamt tiefgehender analysiert werden können.
Darüber hinaus halte ich auch den gerade im englischsprachigen Raum genutzten Begriff der "Games studies" oder der "Video game studies", wie auch die entsprechenden englischen Begriffe für die Filmwissenschaften und die Medienwissenschaften für unpassend zur Beschreibung einer Wissenschaft. Das Wort "study" wird in diesen Zusammenhängen eher mit dem Erlernen der verschiedenen Aspekte verbunden. Mir geht es allerdings um die Suche nach Regelmäßigkeiten und Abstraktionen, sodass ich generell das Wort "Computer game sciences" und auch die Wörter "Film sciences" und "Media sciences" als gehaltvoller empfinde.
Theorien des Spielens (play theories)
- Schiller - Über die ästhetische Erziehung des Menschen, in einer Reihe von Briefen:
- Johan Huizinga - Homo ludens: Der Mensch ist nach Huizinga nicht nur Denker (sapiens) und Handwerker (faber), sondern auch Spieler (ludens). Seine zentrale Überzeugung besteht darin, dass die Aktivität des Spielens eine tragende Rolle bei der Entwicklung der menschlichen Kultur übernimmt.
- "Play is a free activity standing quite consciously outside 'ordinary' life as beingt 'not serious', but at the same time absorbing the player intensely and utterly. It is an activity connected with no material interest, and no profit can be gained by it. It proceeds within its own proper boundaries of time and space according to fixed rules and in an orderly manner. It promotes the formation of social groupings, which tend to surround themselves with secrecy and to stress their difference from the common world by disguise or other means."7
- Caillois
- Wittgenstein
Computerspieltheorien (video game theories)
- Murray 1999
- Jasper Juul 2005 - http://www.half-real.net/dictionary/
- Jenkins 2004
- Ryan 2004
- Frasca 1999, 2003
- Bogost 2011
- Keith Burgun
The Magic Circle
Immersion
Flow
Game Feel
Ergodische Literatur
Motivation
- Zielgebungs- bzw. Anreizmechaniken: Punktesysteme, Bestenlisten, Abzeichen, Trophäen,
- Aufmerksamkeit erzeugen: Entscheidungen einfordern, Zufallsereignisse, ästhetische Visualisierungen, Animationen
Quelle
Gamification
Grob handelt es sich bei Gamification um den Einsatz von Spielelementen in Nicht-Spielkontexten.8
Gamification ist die Gestaltung von Prozessen unter Berücksichtigung der Erkenntnisse des (Computer-)Spieldesigns, um damit die Lern- und Leistungsmotivation bei einer Tätigkeit zu steigern. Dies kann zur Nutzung von Spielressourcen wie Computerspielmechaniken bei Nicht-Spiel-Anwendungen führen.
Gamification funktioniert vor allem, weil Individuen eine direkte Rückmeldung auf ihre Handlungen erhalten und sozial eingebunden werden können.
Quellen für positive Auswirkungen von Gamification.
Offene Fragen sind: Welche Mechaniken eignen sich besonders gut für die Steigerung von Motivation und Engagement? Wobei sollte Gamification eher vermieden und nicht angewendet werden?
Digital Game-based Learning
Weitere Forschung
Offene Probleme
- Zitierungen und Archivierungen von Computerspielen
- "'it's just a game' is a weak mindset" - https://twitter.com/Ninja/status/1229888740698599424
Grinding und Achievements beanspruchen Lebenszeit
- Grinding bezeichnet den Versuch, monotone Aufgaben zu erfüllen, um an einer anderen Stelle im Spiel voranzukommen
- Achievements sind vom Entwickler vorgegebene zusätzlich erreichbare Ziele, die einen Spielfortschritt aufzeigen und weitere Spielinhalte freischalten können
- Grinding und Achievements haben eine ähnliche Struktur und können die Spielbarkeit erhöhen, weil sich die Verbindung zum Spiel erhöht, da man bewusst den Ansprüchen des Spiels gerecht geworden ist und damit mehr Zeit verbracht hat
- Ich halte beides eher für problematische Spielsysteme, da die entsprechenden Mechaniken ein vollständiges Spielgefühl zurückhalten, um positive Entwicklungsgefühle zu ermöglichen und damit möglicherweise die Einstellung zum Spiel zu manipulieren.
- Die Frage sollte immer sein: Ist die Entwicklung ein Teil der Erfahrung, die ich vermitteln möchte oder ist sie lediglich ein Mittel, um die Aufmerksamkeit der Spieler zu fesseln? (Vergleich Bastion, Loop Hero, The Binding of Isaac: Rebirth)
Interessante Grenzfälle
- Netflix Interactive Movies (2018-): Bandersnatch (2018) und You vs. Wild (2019) sind interessante Ausflüge in die Frage, was ein Computerspiel ausmacht.
- Rezension von Pathologic: https://www.youtube.com/watch?v=JsNm2YLrk30
- Computerspieldesign in Animes (Building a Better SAO - What Makes a Good Fake Game?): https://youtu.be/kH3y3YfIC6o
- Charaktere, die ihre Rollen in der dargestellten Spielwelt mit ihren richtigen Persönlichkeiten mischen können
- Progression von Charakteren als Progression in einem Computerspiel
- Interaktivität ermöglicht freiere Handlungsstränge für Charaktere
- Ideen hinter dem Design von Computerspielen zeigen
- Mechaniken ermöglichen eine bessere Struktur von Kampfsequenzen
- Interaktive Arbeitsblätter
Interessante Geschichten
- 2019-04 - One player spent 10 years exploring every corner of Eve Online [en]
- 2020-11 - Dedicated Cyberpunk 2077 feature for content creators: "Disable Copyrighted Music" [en]: Cyberpunk 2077 ermöglicht es, dass Spieler im Menü urheberrechtlich geschützte Musik, die nicht weiter verbreitet werden darf, ausschalten können, um das Spiel streamen zu dürfen. Eine Veränderung am künstlerischen Gesamtprodukt wird hingenommen, um ein bestimmten Umgang mit dem Spiel zu ermöglichen. Das ist eine seltsame Situation für kreative Produkte, die als Werke nicht mehr vollständig betrachtet werden können.
- 2021-02 - Mass Effect: Der Legendary Edition fehlt ein DLC, weil er dem Studio kaputt gegangen ist
Digitale Rhetorik
Der Bereich der digitalen Rhetorik beschäftigt sich damit, wie digitale Medienprodukte effektiv gestaltet werden können. In Abgrenzung zum Computerspieldesign umfasst dieser Bereich vor allem Entscheidungen, die bestimmte allgemeinere Ziele anstreben. Computerspieldesign ist demgegenüber darauf ausgerichtet, die Spielbarkeit zu maximieren.
Dark Patterns
Dark Patterns beschreiben Designentscheidungen, bei denen Konsumenten gegen ihr Interesse beeinflusst werden sollen. Häufig vereinfachen diese Designmuster Fehlentscheidungen der Konsumenten.
Computerspieldesign
Symbolik
Symbolik innerhalb von Computerspielen bezeichnet die Möglichkeit eines Werkes auf allgemeinere Zeichen zu verweisen, um damit etwas Bestimmtes zu sagen.
Medienauswahl
Die Medienauswahl beschäftigt sich mit der Frage danach, welche Ausdrucksformen (Musik, Ton, Film, Schrift, Mechanik) im konkreten Spiel besonders beachtet werden sollen.
- Ear Reality: Text-Adventures werden vollständig vertont und damit auch anderen Zielgruppen zugänglich gemacht.
Leveldesign
Das Leveldesign bezieht sich auf das Füllen einer Computerspielwelt mit Inhalten. Ein Level ist dabei ein durch das Computerspiel strukturell abgegrenzter Bereich, mit dem eine Spielerin interagieren kann.
- 2019-04: Linear Doom: First-Person-Shooter sind vor allem durch die freie Bewegung im Raum gekennzeichnet. Wenn diese wiederum auf eine gerade Strecke reduziert wird, erhöht das ein Gefühl von Eingeengtheit, aber bringt auch eine gewisse angenehme Purheit.
Handlungsdesign
Anmerkungen
- ↴ Grübel/Lotman 1973, S. 17, ↴ Grübel/Lotman 1973, S. 85ff, siehe auch ↴ Herkula 2020, S. 13ff ↩︎
- ↴ Endres/Pichler/Zittel 2017, S. 1 ↩︎
- ↴ Endres/Pichler/Zittel 2017, S. 2 ↩︎
- ↴ Endres/Pichler/Zittel 2017, S. 81 - Kommentar 1 ↩︎
- ↴ Endres/Pichler/Zittel 2017, S. 83 - Kommentar 2 ↩︎
- ↴ Endres/Pichler/Zittel 2017, S. 100f - Kommentar 4 ↩︎
- deutsche Übersetzung in ↴ Huizinga 2019, S. 13 ↩︎
- ↴ Deterding/Dixon/Khaled/Nacke 2011, S. 9 ↩︎
- ↴ Mathur et al. 2019 ↩︎
Abbildungen
- Figure 1. Computerspiele als Medium
Literatur
- Deterding, Sebastian; Dixon, Dan; Khaled, Rilla; Nacke, Lennart. 2011. From Game Design Elements to Gamefulness: Defining "Gamification". MindTrek '11. URL: https://doi.org/10.1145/2181037.2181040. New York, NY, USA: Association for Computing Machinery. [ref: EKS9X25S; #10]
- Endres, Martin; Pichler, Axel; Zittel, Claus. 2017. Textologie: Theorie und Paxis interdisziplinärer Textforschung. Textologie Band 1. Berlin ; Boston: De Gruyter. [ref: GZNQ4JMM; #4; #5; #6; #7; #8]
- Grübel, Rainer; Lotman, Jurij M.. 1973. Die Struktur des künstlerischen Textes.. 2. Suhrkamp Verlag. [ref: CMMJJT2H; #1; #2]
- Herkula, Henry. 2020. Erzählerische Mittel in Davey Wredens "The Beginner's Guide". URL: http://medien.henry.herkula.info/picture.php?/1508/. Leipzig. [ref: 5JFMGGFQ; #3]
- Huizinga, Johan. 2019. Homo ludens: vom Ursprung der Kultur im Spiel. 26. Auflage. rororo 55435. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag. [ref: FIUGXYGH; #9]
- Mathur, Arunesh; Acar, Gunes; Friedman, Michael; Lucherini, Elena; Mayer, Jonathan; Chetty, Marshini; Narayanan, Arvind. 2019. Dark Patterns at Scale: Findings from a Crawl of 11K Shopping Websites. [ref: YUXQFL27; #11]