ref-id: |
7FLIYSCD |
Show creator |
Kant/Timmermann |
All creators |
Kant, Immanuel (author); Timmermann, Jens (author) |
Title |
Kritik der reinen Vernunft |
Show date |
1998 |
Type name |
book |
Ziel
- Frage: Was ermöglicht es uns, etwas zu wissen?
- These: Nicht die Eigenschaften konstituieren unsere Vorstellungen von Gegenständen, sondern die reinen Formen der Anschauung (Raum und Zeit) und die reinen Formen der Verstandesbegriffe (Kategorien).
Generelle Konzepte
- Gegenstände: Untersuchungsobjekte jeglicher Art
- Vor der Erfahrung können wir etwas wissen: a priori [von ersterem, davor]; nachdem wir die Erfahrung gemacht haben, können wir etwas wissen: a posterio [von späterem, danach]. (S. 43)
Zusammenfassung
Ausgabe von 1787
- In eckige Klammern gesetzte Begriffe sind meine neuzeitlichen Übersetzungen für Kants Begriffe
Einleitung
I. Von dem Unterschiede der reinen und empirischen Erkenntnis
- Eine Erfahrung wird so verstanden, dass ein Gegenstand [irgendetwas] unsere Sinne so berührt, dass er entweder selbst [eigenständig] zu Vorstellungen führen kann oder aber durch eine Verstandesfähigkeit zu Vorstellungen führen kann. (S. 43)
- Jegliche Erkenntnis beginnt mit der Erfahrung. (S. 43)
- Obwohl jede Erkenntnis mit der Erfahrung beginnt, muss nicht jede Erkenntnis immer vollständig aus der Erfahrung kommen, weil unser Verstand oder Erkenntnisvermögen selbst etwas einbringen könnte, das sich mit den Erfahrungen verbindet. (S. 43)
- Das könnten wir auch nicht feststellen, weil wir ja keine Möglichkeit besitzen, außerhalb unseres Erkenntnisvermögens etwas wahrzunehmen.
- Anscheinend ist diese Frage nach dem Zusammengesetzten der Erfahrung nicht so leicht
abzufertigbeiseitezuschieben: Wenn das alsober der Fall ist, sollte untersucht werden, ob es vielleicht eine Erkenntnis gibt, die unabhängig von unserer Erfahrung ist. (S. 43) - Diese Unterscheidung könnte so benannt werden: Vor der konkreten Erfahrung können wir etwas wissen: a priori; nachdem wir die Erfahrung gemacht haben, können wir etwas wissen: a posterio. (S. 43)
Es gibt aApriorische Erkenntnis, die kann möglicherweise weiter unterteilt werden: in rein oder unrein ist. Unreine apriorische Erkenntnis ist dann vorhanden, wenn Erfahrung in irgendeiner Weise beteiligt gewesen ist, zum Beispiel, um eine Vorhersage über ein Ereignis zu treffen, das noch nicht eingetreten ist. ("So sagt man von jemand, der das Fundament seines Hauses untergrub: er konnte es a priori wissen, daß es einfallen würde, d. i. er durfte nicht auf die Erfahrung, daß es wirklich einfiele, warten.", S. 45)- Reine apriorische Erkenntnis ist hingegen nur dann vorhanden, wenn sie nicht durch Erfahrungen beeinflusst wurde. ("die schlechterdings von aller Erfahrung unabhängig stattfinden", S. 45)
- Selbst ein Satz wie "eine jede Veränderung hat ihre Ursache" ist unrein apriorisch
(empirisch), weil Veränderung ein Begriff ist, der nur aus der Erfahrung gezogen werden kann. (S. 45)
Konzepte
- Gegenstände: Untersuchungsobjekte jeglicher Art
- Vor der Erfahrung können wir etwas wissen: a priori [von ersterem, davor]; nachdem wir die Erfahrung gemacht haben, können wir etwas wissen: a posterio [von späterem, danach]. (S. 43)
Diskussion
- Die Unterscheidung von reiner und empirischer Erkenntnis ist nicht einmal theoretisch völlig geklärt. Reine Erkenntnis scheint eine apriorische Erkenntnis zu sein, die vollkommen ohne Erfahrung auskommt. Empirische Erkenntnis wiederum könnte allerdings sowohl eine apriorische Erkenntnis sein, die für ihre Aussage auf Erfahrung zurückgreift, als auch eine aposteriorische Erkenntnis sein, weil sie in beziehungsweise nach der Erfahrung erfolgt.
- Bisher ist auch unklar, was für Kant generell eine Erkenntnis [Wissen] ist. Es wirkt so, als ob das Wort für ihn vordergründig Vorstellungen von mit den Sinnen erfassbaren Gegenständen (S. 43, Z. 12/13)
sindbezeichnet. Aber er beschreibt auch Sätze (S. 45, Z. 22/23) und Vorhersagen (S. 45, Z. 8-10) als Erkenntnisse, sodass die Verwendung des Begriffes nicht mehr eindeutig ist. Und es ist auch nicht klar, ob Erkenntnisse Vorstellungen sind oder vielleicht eher Bestandteile eines Wahrnehmungsprozesses (Siehe S. 45, Z. 17/18).- Ein Erkenntnisvermögen scheint etwas zu machen, das anschließend zu Erkenntnissen führt? (S. 43, Z. 7/8f), aber Erkenntnisse scheinen gleichzeitig etwas zu sein, was stattfinden kann? (S. 45, Z. 17/18)
- Nachdem ich das Kapitel gelesen habe, erscheint mir der Begriff der Reinheit problematisch. Eine Erfahrung ist nicht etwas, was einen Gedanken verunreinigt. Es ist vielmehr der Startpunkt jedes möglichen Gedankens, sodass es nicht nachvollziehbar ist, wie etwas durch Erfahrung beschmutzt wird. Ein besseres Adjektiv wäre möglicherweise "unabhängig", das er ja selbst
ja auch einführt und nutzt (S. 45, Z. 17). Reine Erkenntnisse sollten deshalb eher als Erkenntnisse verstanden werden, die unabhängig von oder über Erfahrungen hinaus bestehen. - Problem: Gedanken werden über Sprache formuliert: wie soll ich also eine reine Erkenntnis fassen, ohne gleichzeitig bereits Sprache zu verwenden, die durch Erfahrungen geprägt wurde?
- Damit zusammenhängend erscheint es nicht nachvollziehbar, was Kant damit meint, dass Erfahrungen für jede Erkenntnis notwendig sind, aber dennoch bestimmte Erkenntnisse ohne Erfahrungen möglich sein sollen. Natürlich kann man sich eine abstrakte Ebene einer Erfahrung als Basis denken, die scheinbar ohne konkrete Erfahrungen auskommt, aber die eine Basis für jede einzelne Erfahrung ist. Dennoch benötigt diese Erkenntnis
doauch wiederum eine gemachte Erfahrung, selbst wenn es nur formale Überlegungen über die Beschaffenheit wären? - Gleich das erste Kapitel der Einleitung macht für mich auch sehr klar, warum Kant heute immer noch rezipiert wird:
- Er definiert etwas grob und dann definiert er es konkreter und dann bringt er ein Beispiel und dann definiert er es noch konkreter, anstatt genau eine Definition an den Anfang zu setzen, die er dann genauer erklärt. Seine Herangehensweise führt letztendlich dazu, dass man sehr genau lesen muss, ansonsten übersieht man möglicherweise den Teil, der seine Definition so verändert, dass sie das ausdrückt, was er sagen möchte. Das führt zu einer hohen Interpretativität, weil man entweder für die frühere oder die spätere Definition argumentieren kann.
- Seine Definitionen sind gleich zum Anfang unklar. Was ist eine Erkenntnis? Eine Sinneswahrnehmung, ein Satz, eine Vorhersage, eine Regel? Oder was ist apriorisch? Von einer konkreten Erfahrung unabhängig? Oder von allen konkreten Erfahrungen unabhängig? Oder von einigen Erfahrungen unabhängig und von anderen nicht? Diese Unklarheit macht eine Rezeption so gut wie unmöglich. Schlimmer noch, sie verleitet dazu, Kants Ideen im eigenen Kopf so zu verändern, dass sie dem entsprechen, was sie aufgrund seiner elitären Stellung gern sein sollten.
- Seine Sprache ist durchsetzt von einem metaphorisch ungenauen Stil, der es sehr schwer macht, seinen Ausführungen zu folgen. Seine Sprache ist metaphorisch ungenau, weil er Wörter bildhaft benutzen möchte, sie aber keine Bilder repräsentieren. Beispiel A: "Wenn aber gleich alle unsere Erkenntnis mit der Erfahrung anhebt, so entspringt sie darum doch nicht eben alle aus der Erfahrung." (S. 43) Es ist nicht klar, wie sich "anheben" und "entspringen" genau unterscheiden. Wenn etwas aus etwas anderem entspringt, dann fängt es normalerweise damit an. Diese metaphorisch ungenaue Sprache führt zu weiteren sinnlosen Interpretationen.
- Warum sollte man sich dennoch damit beschäftigen? Weil Kants Denken für die Aufklärung und für die moderne Wissenschaft anscheinend wichtig gewesen ist. Er wird sehr häufig genannt (Quelle) und man bezieht sich auf ihn, wenn es um klassische Kategorien oder eine Analyse der Voraussetzungen geht. Und er ist schwierig genug, dass niemand außer anderen Philosophen genau genug hinschaut, den Zitierenden kritisiert und auf Kants Ungenauigkeiten hinweist.
II. Wir sind im Besitze gewisser Erkenntnisse a priori, und selbst der gemeine Verstand ist niemals ohne solche
- Es muss ein Merkmal gefunden werden, was reine Erkenntnis von empirischer Erkenntnis unterscheidet.
Konzepte
Diskussion
[Duration: 31 min]