Wahrheit

Created: 2023-04-13 Updated: 2024-04-07

Wahrheit ist eine Übereinstimmung von Konzepten mit der Welt. Nach Wahrheit zu suchen, bedeutet demnach, den Versuch zu unternehmen, Informationen zu erlangen, die mit der Welt übereinstimmen.

Wesentliche Aspekte

Erläuterungen

Ich unterscheide in einfache Wahrheit und vollständige Wahrheit. Die einfache Wahrheit ist eine individuelle Annäherung an die vollständige Wahrheit einer Sache. Die vollständige Wahrheit einer Sache bezeichnet die Gesamtheit aller möglichen Eigenschaften, die auf die Sache eingeschränkt werden, unabhängig davon, ob sie wahrnehmbar sind oder nicht. Um eine einfache Wahrheit zu erreichen, werden alle wahrgenommenen Eigenschaften einer Sache auf diejenigen reduziert, die für ein bestimmtes Ziel relevant sind. Nicht wahrgenommene oder nicht für das Ziel relevante Eigenschaften werden bei einer einfachen Wahrheit ausgeblendet. Zum Beispiel reduziert die Aussage "Der Tisch ist noch nicht gestrichen." alle Eigenschaften eines Tisches auf diejenige, die für das Ziel "Es müssen alle Tische gestrichen werden." relevant ist. Dies ist problematisch, wenn eine Eigenschaft nicht bedacht wird, die aber für ein darüberliegendes Ziel relevant ist: "Der Tisch ist zwar noch nicht gestrichen, ist aber schon so kaputt, dass er unbrauchbar werden würde, sodass auch das Streichen insgesamt sinnlos wäre."

Ich unterscheide weiterhin zwischen subjektiver Wahrheit und objektiver Wahrheit. Eine subjektive Wahrheit bezeichnet die Vorstellung eines Menschen, dass eine seiner persönlichen Überzeugungen nützlich ist, um die Welt zu beschreiben. Die objektive Wahrheit meint wiederum die Vorstellung, dass die Maximierung der Anzahl von Vorstellungen zu einer Annäherung an eine bestimmte Wirklichkeitsbeschreibung führt. Verkürzt kann davon gesprochen werden, dass eine objektive Wahrheit das ist, was wirklich passiert, weil alle individuellen subjektiven Wahrheiten der Menschen dieselben Folgen vorhersagen. Eine objektive Wahrheit kann dabei jedoch nur ein Ziel sein, weil es 1. unmöglich ist, festzustellen, ob alle möglichen Interpretationen eines Konzepts bedacht wurden und 2. nicht geklärt ist, ob die Grenzziehungen eines Konzepts in einer anderen Konstellation die gesetzten Erwartungen an einer Wirklichkeitsbeschreibung nicht besser abdecken (zum Beispiel, wenn Konzepte wie Kunst, Schönheit, Freiheit anders und damit effizienter für das eigene Leben definiert werden). Dennoch ist eine objektive Wahrheit zumindest sprachlich vermittelbar (man kann von Fakten sprechen), wenn wissenschaftstheoretisch keine Gegenargumente angeführt werden können, die darauf hinweisen, dass grundlegende Prinzipien der Wahrheitsfindung verletzt wurden. Die Unterscheidung von subjektiver und objektiver Wahrheit hat für logische Konstruktionen wie mathematische Formeln nur eingeschränkte Relevanz, da die Formeln weniger Interpretationsraum lassen, weil sie mit bestimmten Vorannahmen konstruiert wurden. Deshalb sollte die Unterscheidung dafür wahrscheinlich eher weniger verwendet werden.

Die beiden Unterscheidungsmöglichkeiten sind ähnlich, da sie beide durch die eingeschränkte Wahrnehmung eines Menschen ausgelöst werden, konzentrieren sich allerdings auf verschiedene Aspekte der Wahrheit. Die Unterscheidung einfach/vollständig konkretisiert die Unerreichbarkeit einer vollständigen Beschreibung, da eine eingeschränkte Wahrnehmung es verunmöglicht, sich darüber sicher zu sein. Die Unterscheidung subjektiv/objektiv baut darauf auf und konkretisiert wiederum die Unmöglichkeit, eine Übereinstimmung über alle Individuen hinweg zu erreichen, da nicht festgestellt werden kann, ob alle dasselbe unter einem Konzept verstehen und ob damit überhaupt alle möglichen Interpretationen abgedeckt sind. Der Hauptunterschied lässt sich auch durch die Messung verschiedener Werte darstellen. Die Unterscheidung einfach/vollständig misst die Anzahl der Eigenschaften einer Wahrheit (eine, alle), während die Unterscheidung subjektiv/objektiv die Übereinstimmung der Eigenschaften zwischen Menschen (wenig/viel Übereinstimmung) misst.

Eine defensive Wissenschaft (die im wissenschaftlichen Kanon sehr verbreitet ist) versucht im schlechtesten Fall, die subjektiven Aspekte ihrer Untersuchung zu minimieren, um damit mögliche Angriffspunkte zu verschleiern, da Wissenschaft nicht immer ideal abläuft, sondern auch von einem Anerkennungsstreben und einem Überlebenstrieb ihrer Forscher gekennzeichnet ist. Der sachliche und unaufgeregte Ton sollen die Leserin davon überzeugen, dass im vorliegenden Text sorgfältig gearbeitet wurde. Allerdings ist dies vor allem eine rhetorische Taktik. Der Text sagt nicht, dass sachlich gearbeitet wurde, sondern nur, dass jemand versteht, wie man den Eindruck erweckt, dass sachlich gearbeitet wurde. Trotz dieser Erkenntnis denke ich, dass die Tendenz zu einer weniger subjektiv geprägten, unaufgeregteren wissenschaftlichen Arbeit akzeptiert werden kann, solange die Methodik und Diskussion umfangreich kritisch auf mögliche Fehler eingeht. Die Kritik darf nicht zu kurz ausfallen. Ansonsten empfehle ich vor allem Prägnantheit und Direktheit in der wissenschaftlichen Kommunikation. Was sind die wichtigsten Erkenntnisse und was sichert diese am besten ab? Und was sind diejenigen Informationen, die dagegen sprechen oder die die Fakten verfälschen könnten?

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