Erwiderungen
Wenn jemand eine kontroverse Meinung vertritt, kann es sinnvoll sein, direkt mit einer entwaffnenden Erwiderung darauf zu reagieren, anstatt die Aushandlung von gesellschaftlichen Werten auf einer philosophischen Ebene zu besprechen. Dadurch wird verhindert, dass der Gesprächspartner in eine ungleiche Wissensposition gesetzt wird, in der plötzlich darüber gestritten wird, ob es sich überhaupt um etwas Kontroverses handelt oder nicht. Grundsätzlich sind diese Erwiderungen kein Ersatz für eine kritische Auseinandersetzung mit dem Argument, da jede Meinung allgemeine Überlegungen transportiert, deren Wahrheitsgehalt überprüft werden muss. Es kann aber dabei helfen, schneller in einem Gespräch voranzuschreiten.
Menschlichkeit
Diese Aussagen greifen das Menschsein von Individuen an und sind deshalb stark emotional aufgeladen. Es wird der Versuch unternommen, eine gemeinsame Basis von Erfahrungen zu schaffen oder Intuitionen zu hinterfragen.
- Manche Menschen sollten getötet werden, weil sie etwas getan haben, womit ich nicht einverstanden bin: Was würdest du tun, wenn dein Kind diese Sache gemacht hat? Würdest du dein Kind töten? Oder wärst du einverstanden, dass dein Kind getötet wird?
- Der Fehlschluss besteht darin, dass die genaue Grenze nicht definiert wird, nach der entschieden wurde, wann jemand etwas Falsches getan hat. Es ist eine intuitive, sehr stark von Gefühlen beeinflusste Entscheidung, die keine klare Begründung besitzt.
- Warum könnte die Erwiderung helfen: Menschen tendieren dazu, ihre eigenen und die Handlungen ihrer Gruppe als gut zu betrachten, während schlechte Handlungen nur von anderen begangen werden können. Wenn aber nun das eigene Kind etwas getan hat, dann kann dies dazu führen, darüber nachzudenken, wie man generell mit diesen Zuschreibungen umgeht. Würde man sein eigenes Kind töten, weil man zu seinen Überzeugungen steht? Oder würde man die eigenen Überzeugungen abschwächen, weil man zu seiner eigenen Familie steht und diese beschützen möchte?
- Hier werden zwei starke Elemente des gesunden Menschenverstandes gegenübergestellt (unmoralische Dinge gehören bestraft, die eigene Familie muss beschützt werden). Dieser Konflikt muss aufgelöst werden, da eine intuitive Entscheidung keine zufriedenstellende Lösung ermöglicht.
- Diese Gegenüberstellung ist ein Argument gegen Rache (Rache gegen das eigene Kind ist normalerweise nicht gewollt), gegen die Todesstrafe (gute Menschen wie die eigenen Kinder können sich falsch verhalten und Fehler begehen) und für die Anerkennung von Menschenrechten (auch Menschen, die sich falsch verhalten, sind Kinder, Eltern, sind Menschen).
- Menschen, die anders aussehen, verhalten sich auch anders und sollten daher auch anders behandelt werden: Sollte man dir in deinem Beruf weniger Geld bezahlen, weil man davon ausgeht, dass Leute, die ähnlich wie du aussehen, normalerweise ihr Geld nicht gut anlegen können und deshalb dem Land schaden?
- Männer sind stärker als Frauen und sollten deshalb darüber bestimmen dürfen, was Frauen tun: Sollte ein Mann, der stärker als du bist, darüber bestimmen dürfen, wie du dein ganzes Leben gestaltest?
- Du kannst meine Erfahrungen nicht richtig einschätzen, da du nicht dieselben Erfahrungen gemacht hast: Du kannst aus demselben Grund auch meine Erfahrungen nicht richtig einschätzen. Wir können aber davon ausgehen, dass wir ähnliche Grunderfahrungen wie Schmerz, Wut, Trauer durchmachen und uns darüber unterhalten können, inwiefern Institutionen vorhanden sind, die uns bei der Überwindung und Veränderung der Erfahrungen unterstützen.